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Räuber sind wohl liebe Leute

Schülerinnen und Schüler der Musicalklassen 5/6 des Gymnasiums Stolzenau und der S1 der Helen-Keller-Schule erwecken Astrid Lindgrens Klassiker „Ronja Räubertochter“ als Musical zum Leben

Geschichten über Räuberbanden kindgerecht zu erzählen, schaffen nicht viele Autoren, wenn sie nicht ins rein Humoristische wie Disneys Panzerknacker abdriften sollen. Eine der größten Kinderbuchautorinnen des 20. Jahrhunderts, Astrid Lindgren, gelang dies 1981 in ihrem bis heute zeitlosen Werk „Ronja Räubertochter“ hingegen mühelos. Sie verpackte die Erzählung um die tiefe Freundschaft zwischen den Kindern zweier verfeindeter Räuberbanden, die sich in einer brutalen Welt voller Gefahren, Vorurteile und Kraftmeierei gegen die starrsinnigen Erwachsenen behaupten.

Am Sonntag, dem 05.02.23 wurde diese kraftvolle Geschichte im Forum des Gymnasiums Stolzenau als Musical auf die Bühne gebracht. Die Schülerinnen und Schüler der Musicalklassen 5b und 6b des Gymnasiums sowie der S1 der Helen-Keller-Schule erweckten die Welt von „Ronja Räubertochter“ in der Version von Karin Freist-Wissing und Tono Wissing, basierend auf der Geschichte von Astrid Lindgren, eindrucksvoll zum Leben und ernteten zu Recht begeisterten Applaus. Dank passender Songs, unterhaltsamer Choreographien und eines spielfreudigen Ensembles konnten die jungen Akteure ihre Zuschauerinnen und Zuschauer bestens unterhalten.

Tief im Wald lebt der Räuberhauptmann Mattis (imponierend: Jordan Rabea Siemering) mit seiner Frau Lovis (resolut und fürsorglich: Carla Maria Rasch)  sowie seiner Räuberbande (spielfreudig: Lana Wronka, Lilly Rafalski, Joost Heineking, Tristan Hilgartner, Joanne Weiler, Susanna Aue, Emma Grote, Romy Fay Meyer, Olha Chykharivska) in einer Burg. Sie führen ein hartes und rücksichtsloses Leben, in das erst durch die Geburt der Tochter des Räuberhauptmanns Liebe, Fürsorglichkeit und eine Spur Sanftheit einzieht. Doch nicht nur die neugeborene Räubertochter verändert das Leben der Mattisräuber, sondern auch ein Gewitter, das in der Nacht ihrer Geburt tobt und die Burg in zwei Hälften spaltet. In der einen Hälfte hausen fortan weiterhin die wilden Mattisräuber, in die andere ziehen zu ihrem Ärger ausgerechnet der mit ihnen verfeindete Borka (bedacht: Tim Hansen) und seine Frau Undis (energisch: Claire Brauer) mit ihrer Borkabande. Die feinfühlige Erzählerin Femke Brüggemann überbrückt für die Zuschauer die Jahre und begleitet von nun an eine bereits am Ende ihrer Kindheit stehende Ronja Räubertochter (überzeugend: Josefine Hecht) durch ihre Abenteuer. So begegnet das langsam flügge werdende Mädchen am sogenannten Höllenschlund, dem Spalt, den der Blitz in die Burg gerissen hat, den Sohn von Borka, Birk (natürlich: Charlotte Luise Schmidt). Die beiden freunden sich nach anfänglicher Ablehnung zum Missfallen ihrer Eltern schnell an und retten sich gegenseitig immer wieder aus brenzligen Situationen. Denn nicht nur das Spiel am tiefen Höllenschlund ist gefährlich, auch im die Burg umgebenden Wald, in dem sie sich gerne aufhalten, lauern unzählige Gefahren. So müssen es die Kinder mit mordlüsternen Graugnomen (beängstigend: Alica Krongart, Eve Dabke, Samira Kadisha Geerdes), angriffsbereiten Wilddruden (furchteinflößend: Karla Amelie Fastje, Charlotte Rühl, Fritz Sprado) und nervtötenden Rumpelwichten (köstlich: Mia Jennifer Thielker, Abdullah Rinawi, Viktoria Sapasy) aufnehmen. Doch das alles ist nichts gegen die Sturköpfigkeit ihrer Eltern, die ihre Freundschaft mit aller Macht unterbinden wollen, sodass die beiden schließlich Reißaus nehmen, um sich allein in der feindlichen Wildnis durchzuschlagen und ein Leben aufzubauen. Eine folgenschwere Entscheidung, wie sich zeigen soll…

Unter der eingespielten Regie von Elisabeth Lathwesen und Willem-Alexander Rode begeisterten die jungen Darstellerinnen und Darsteller mit spielerischer Freude und umwerfender Präsenz das Publikum. Sie wussten auf ganzer Linie mit ihren sängerischen und darstellerischen Fähigkeiten zu beeindrucken. Die eingängigen und anspruchsvollen Lieder waren von der Musiklehrerin Christiane Sprick und ihrem Kollegen Raphael Munk einstudiert worden und wurden nun gemeinsam von den Solisten und dem Chor (Musicalklasse 5b des Gymnasiums Stolzenau und S1 der Helen-Keller-Schule) stimmgewaltig vorgetragen. Die  Schülerinnen und Schüler der Musicalklasse 6b wiederum glänzten nicht nur schauspielerisch und sängerisch mit Solopartien auf der Bühne, sondern überzeugten auch tänzerisch. Die Band, bestehend aus Mathias Goedecke (Piano), Heinrich Graf (Trompete), Nelly Haack (Saxophon), Diana Maidinger (Posaune) und Sam Känner (Schlagzeug) begleitete den Gesang professionell. Währenddessen hatten die engagierten Mitglieder der Technik-AG des Gymnasiums (Leitung: Christiane Sprick) alle Hände voll zu tun, um mit Licht- und Tontechnik die richtige Atmosphäre zu schaffen und die Sing- und Sprechstimmen zu verstärken, was ihnen mit Finesse und vielfältigen Effekten sehr gut gelang.

Das spannende Stück wirkte letztlich auch durch die wunderschöne Kulisse, die unter anderem die S1 der Helen-Keller-Schule unter der Leitung von Simone Bollhorst, Silke Corus und Madlen Behnke kongenial angefertigt hat. Die Kooperation der beiden Schulen konnte in diesem Jahr nach langer Pause bedingt durch die Corona-Pandemie endlich wieder in gewohnter Weise stattfinden. Nicht zuletzt gebührt dem Förderverein des Gymnasiums Stolzenau wie immer großer Dank, weil sich ohne dessen finanzielle Unterstützung Projekte dieser Größenordnung nicht realisieren ließen.

Im Mittelpunkt standen aber natürlich die beeindruckenden Leistungen der Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums Stolzenau und der Helen-Keller-Schule. Dass eine solche Produktion stattfinden kann, gelingt nur durch großen Einsatz und echte Teamarbeit: Dass diese auch nach den Einschränkungen der Pandemie zwischen den Lehrkräften der Helen-Keller-Schule und des Gymnasiums Stolzenau wieder so reibungslos funktioniert, spricht für sich und zeigte sich auch im Vorfeld. Denn auch die Arbeit an den beeindruckenden Plakatentwürfen unter der Leitung von Elena Brümmer, die in einer Galerie zu bewundern waren, wurde gemeinschaftlich durchgeführt. Auch wenn einer solchen Inszenierung viele Stunden harter Arbeit aller Beteiligten vorausgeht, ist eine gelungene Aufführung wie diese doch die schönste Belohnung. Alle beteiligten Schülerinnen und Schüler können zudem davon profitieren, hier auf einzigartige Weise gemeinsam lernen zu dürfen und über sich selbst hinauszuwachsen.

Für das kommende Schuljahr können Schülerinnen und Schüler des neuen 5. Jahrgangs am Gymnasium Stolzenau bereits zur Teilnahme an der Musicalklasse angemeldet werden.