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Gesprengte Fesseln

Mehr als 200 Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums Stolzenau verzaubern mit dem Musical „Perisade“ ein begeistertes Publikum

Märchen stehen – zu Unrecht – immer in dem Ruf, Kinderkram zu sein. Schaut man sich die frühen Fantasygeschichten, die unter anderem von den Gebrüdern Grimm im 19. Jahrhundert zusammengetragen und populär gemacht wurden, jedoch mal genauer an, so merkt man schnell, dass es hier zum einen nicht zimperlich zur Sache geht und zum anderen ernste Themen jenseits jeder Feel-Good-Mentalität angepackt werden. In dieser Tradition steht auch das moderne Musical-Märchen „Perisade“ aus der Feder von Kurt Gäble und Diana Löcherer, das am vergangenen Sonntag, den 25.06. in beeindruckender Weise in der Dreifachsporthalle des Gymnasiums Stolzenau auf die Bühne gebracht worden ist. Allein schon die Zahl von über 200 beteiligten Schülerinnen und Schülern lässt die Ausmaße des Mammutprojektes erahnen. Mit viel Liebe zum Detail wurden die Zuschauerinnen und Zuschauer optisch, musikalisch und darstellerisch in den Vorderen Orient entführt, wo sie dem abenteuerlichen Kampf der Prinzessin Perisade um ein selbstbestimmtes Leben beiwohnen durften. Zu Recht wurde der Aufwand am Ende mit begeistertem Applaus belohnt. Dank eingängiger Songs, unterhaltsamer Choreografien, musikalisch hochwertiger Begleitung und eines spielfreudigen Ensembles konnte die junge Künstlergruppe seine Zuschauerinnen und Zuschauer bestens unterhalten.

Im Königreich Buchara herrscht große Aufregung, schließlich soll dem regierenden König (differenziertes Spiel: Mika Paul Fischer / Rouven Sander) endlich ein Thronerbe geboren werden. Doch die erschütterte Dienerin des Machhabers Kalima (herzzerreißend: Luisa Beyersdorf / Alicia Pöpperling) hat schlechte Nachrichten: Nicht nur, dass dem Herrscher eine Tochter geboren worden ist, die in der Thronfolge laut Gesetz keine Rolle spielen darf, seine Frau ist auch noch aufgrund von Komplikationen bei der Geburt gestorben. Der völlig aufgelöste König findet in dem Dschinn (setzte komödiantische Glanzpunkte: Jakob Ippisch / Marit Zurheide), der seit langer Zeit dem Königreich zur Seite steht, einen schnellen Schuldigen, hätte dieser doch in seinen Augen das Unglück verhindern müssen. Unter den entsetzten Augen des Dieners Mustafa (präsent: Nea Dähling /Jonna Koester) verbannt er das magische Wesen auf ewig in ein altes Handy, das er im sogenannten Zaubergarten des Palastes versteckt. Die heranwachsende Perisade (energetisch: Henryka Pietschmann / Mieke Brozio) wird indes von ihrem Vater über die Maßen geliebt, auch wenn sie sich immer wieder als höchst eigensinnig erweist und nicht nur ihre vertraute Dienerin Leyla (warmherzig: Leenke Marie Menze / Joke Leni Haßfeld) ein ums andere Mal vorführt. Als sie jedoch zufällig das alte Handy im Zaubergarten findet und den Dschinn aus diesem befreit, beginnt sie ein Versteckspiel vor ihrem Vater, um den Handygeist zu schützen, das viele Jahre währen soll und die beiden ungleichen Partner zu Freunden fürs Leben werden lässt. Diese Freundschaft muss sich schließlich bewähren, als der König seiner Tochter zu ihrem 18. Geburtstag eröffnet, dass sie den Prinzen Farid aus Samarkand (schmuck: Jakob Luis Franke / John Ross Ruhnke) zur Sicherung der Thronfolge ehelichen soll. Das bisher selbstbestimmte Leben Perisades (stark aufspielend: Elena Fronteddu / Aleksandra Pach) scheint ein jähes und unerwartetes Ende finden zu sollen. Doch will sie sich ihrem Schicksal nicht beugen und schleicht sich in Samarkand auf den Markt, um Farid und dessen beste Freundin Serafina (lebensfroh: Lea Michelle Schröder / Annika Bohn) auszuspionieren und zu entscheiden, ob sie ihm eine Chance geben will oder nicht. Leider weiß sie nicht, dass sie längst in das Visier des rachsüchtigen Finanzministers (diaboloisch: Stan Kerremans / Wiktoria Pach) und dessen rechter Hand Hakan (verschlagen: Trina Witte) geraten ist, der eine persönliche Rechnung mit ihrem Vater offen hat. In Folge eines schnell geschmiedeten Komplotts wird Perisade von Mafiaboss Kasim (Angst einflößend: Liam Kneißl / Maya Lemke) und seiner unterforderten Gangsterbande (eingespieltes Team: Luna Schwiering, Melina Krum, Saloua Hoja / Merle Eisberg, Emma Fischer, Mia Meyer) entführt. So beginnt ein Spiel um Leben und Tod, in dem alle Beteiligten ihre Zukunft riskieren müssen…

Zwei Besetzungen haben sich unter der erfahrenen Regie von Elisabeth Lathwesen und Willem-Alexander Rode auf die aufwändigen Aufführungen am vergangenen Sonntag und kommenden Dienstag vorbereitet. Während eine der Besetzungen das Publikum mit großer Spielfreude schon begeistern konnte, wird die zweite Riege an jungen Darstellerinnen und Darstellern am Dienstag, den 27.06. „Premiere“ haben und mit Sicherheit das Publikum ähnlich einnehmend in seinen Bann ziehen. Besonders beeindruckend ist, dass nicht nur darstellerisch, sondern auch sängerisch Höchstleistungen gebracht wurden. Die eingängigen Lieder wurden von den Musiklehrern Christiane Sprick und Raphael Munk einstudiert und sind nun gemeinsam von den Solisten und dem Chor (BTS-Chor der Jahrgänge 7-10 und Jugendchor) stimmgewaltig vorgetragen worden. Das Jugendblasorchester unter der bewährten Leitung von Jürgen Graf und Maike Tiedemann begleitete den Gesang gewohnt hochklassig und professionell. Währenddessen hatten die engagierten Mitglieder der Technik-AG des Gymnasiums (Leitung: Christiane Sprick) alle Hände voll zu tun, um mit Licht- und Tontechnik die richtige Atmosphäre zu schaffen und die Sing- und Sprechstimmen zu verstärken, was ihnen mit Finesse und vielfältigen Effekten sehr gut gelang.

Zum stimmigen Gesamteindruck trug auch die wunderschöne und aufwändig gestaltete Kulisse bei, die Schülerinnen und Schüler unter der Anleitung von Elena Brümmer und der Mithilfe von Elternteil Udo Hillmann gestaltet haben. Auch für das Werbeplakat zeigen sich Schülerinnen der Kunstlehrerin Brümmer verantwortlich, das aus mehreren gelungenen Entwürfen ausgewählt und von Kollegin Jantje Groeneveld digital bearbeitet wurde. Ein Projekt dieser Größenordnung kann aber letztlich nur dank der großzügigen Unterstützung nicht nur des Fördervereins des Gymnasiums Stolzenau, sondern auch des Lions Clubs Stolzenau, des Landschaftsverbands Weser-Hunte e.V., der Werner-Ehrich-Stiftung und der Neuhoff-Fricke-Stiftung realisiert werden, denen großer Dank gebührt, dass sie den Schülerinnen und Schülern sowie den Zuschauerinnen und Zuschauern dies ermöglicht haben.

Im Mittelpunkt standen aber natürlich die beeindruckenden Leistungen der Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums Stolzenau. Auch wenn einer solchen Inszenierung viele Stunden harter Arbeit aller Beteiligten vorausgeht, ist eine gelungene Aufführung wie diese doch die schönste Belohnung. Alle beteiligten Schülerinnen und Schüler können extrem stolz auf sich sein, wie sie über sich selbst hinausgewachsen sind.

Am Dienstag, den 27.06. besteht die Möglichkeit, das Musical noch einmal mit einer anderen Besetzung um 19.30 Uhr in der Dreifachsporthalle des Gymnasiums Stolzenau zu erleben.